Jugendliche mit Fluchterfahrung
Bedrohung und Selbstbehauptung: Jugendliche mit Fluchterfahrung in der NS-Zeit und heute
Zu beiden Gruppen und ihren jeweiligen Kontexten werden, unter Einbeziehung von geschlechterspezifischen Unterschieden, dieselben Fragen gestellt: Welche Organisationen, Netzwerke und Maßnahmen ermöglichten alleine flüchtenden Jugendlichen die Ausreise? Aus welchen Gründen wurden welche Routen gewählt und wie verlief die Reise? Wie gelang das Ankommen, welche behördlichen Hindernisse waren zu bewältigen und wie gestaltete sich die Adaption an das Exilland und die Aufnahmegesellschaft? Wie wurden und werden die Belastungen der Fluchterfahrung erlebt und verarbeitet und wie wird der Kontakt mit der Familie und die Erinnerung an das Herkunftsland aufrechterhalten?
Im ersten Teilprojekt beantwortet das historische Team des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs diese Fragen für Österreich in der NS-Zeit. Im zweiten Teilprojekt werten Sozialwissenschaftlerinnen am Ilse Arlt Institut für soziale Inklusionsforschung an der FH St. Pölten Interviews mit seit 2015 nach Österreich geflüchteten Jugendlichen aus. Im dritten Teilprojekt vergleichen die ca. 50 Schülerinnen und Schüler von zwei Klassen der HLS des Caritas Bildungszentrum für Gesundheits- und Sozialberufe (BiGS) St. Pölten mit dem Forschungsteam auf Grundlage der gemeinsamen Leitfragen die autobiographischen Quellen aus beiden Fluchtperioden. Nach Möglichkeit werden die Ergebnisse mit 1938/39 sowie 2015 und danach Geflüchteten diskutiert.
Die Forschungsarbeit im Projekt erfolgt in angeleiteten Workshops an der Schule, die für das Projekt aufgrund ihres Ausbildungsangebots im sozialen Sektor ausgewählt wurde. Die von den Schülerinnen und Schülern eingebrachten eigenen Fragestellungen können die Forschungsarbeit um Aspekte erweitern, die in der Erwachsenenperspektive ausgeblendet wurden. Umgekehrt schärft die Einbettung der jugendlichen Schicksale in die ältere und jüngere Geschichte den Blick für aktuelle Probleme, mit denen die Schülerinnen und Schüler in ihrem späteren Berufsleben konfrontiert sein werden.
Alle Daten werden in eine digitale Plattform eingetragen, die nach Projektende im Open Access zur Verfügung steht und allen Interessierten Vergleiche, Verknüpfungen und Digital Storytelling ermöglicht. Neben der wissenschaftlichen Verbreitung durch das gesamte Team gestalten die Schülerinnen und Schüler eine Podcast-Serie für das Campus-Radio der FH St. Pölten und einen Informationsstand beim jährlichen „Fest der Begegnung“ am St. Pöltner Rathausplatz.
(Fotocredit © Panther Media GmbH-Alamy Stock Photo)